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25.04.2018
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Messe nach Maß? Wie die Berliner Messen ihre Konzepte verdichten

Veröffentlicht am
25.04.2018

Die Bright beruft sich auf ihre Skateboard-Wurzeln, auf der Seek bilden Wettbewerber Seilschaften und die Show&Order zeigt den Handel von Morgen. Wir sprechen mit den Teamleiterinnen Maren Wiebus (Bright/Seek) und Niki Lampadius (Premium/Show&Order) über ihre Pläne, Visionen und Herausforderungen für die Messekonzepte der Premium-Group. 

Teil II der Interview-Reihe mit der Premium Gruppe

Maren Wiebus (links) und Niki Lampadius (rechts) - Premium-Group


Die Bright will zukünftig wieder stark zurück auf ihre Skateboarding Wurzeln kommen. Wie gehen Sie dabei vor?
Maren Wiebus: Das ist richtig, wir konzentrieren uns wieder auf den Kern der Sache, reduzieren dafür die Fläche. Mit Katharina Schreiber und Dennis Scholz haben wir zwei Experten im Team, die als Skater Teil der Szene sind. Katha begleitet Bright seit über zehn Jahren und ist in der Branche bestens vernetzt. Als Fotograf ist Dennis überall in der Welt unterwegs und produziert für Magazine wie Thrasher, SOLO, Place oder Monster. Ob Brand, Einkäufer oder Akteur: Katha und Dennis werden von unserer Seite für die Community da sein, auf die wir uns zukünftig deutlicher konzentrieren werden – also auf die Protagonisten der Branche.

Wen zählen Sie genau zu den Protagonisten und wie wird die Einbindung der Community aussehen?
Maren Wiebus: Es wird im Sommer eine Business-2-Community Fläche geben, auf der wir Skateboarding sowohl als Sport, als auch als Lifestyle spielen werden. Die neue Generation von Skatern hat ganz neue Bedürfnisse – ob in puncto Musik, Style, Kommunikation oder Konsum. Wie überall läuft es in dieser Szene nicht mehr wie vor 20 Jahren. Wo es lang und hin geht, zeigen die Kids auf der Straße. In dem wir alle zusammenbringen, hoffen wir auf einen ganz konkreten Austausch zwischen den Generationen und dem Handel, damit in alle Richtungen neue Impulse entstehen. Wir werden Skateboarding nicht nur als Markt abbilden, sondern als Lifestyle. 

Kann denn ein Veranstalter wie die Premium eine solche Underdog-Community überhaupt erreichen? Wie verschafft ihr euch Glaubwürdigkeit?
Maren Wiebus: Unsere Geschäftsführung bringt uns für alle unsere Formate sehr viel Vertrauen entgegen, sodass wir autark arbeiten können. Deshalb konnte Seek entstehen und unser Konzept für Bright wachsen. So können wir uns, wie gesagt, auf das Thema Skateboarding konzentrieren und die Community einbinden, verschiedene Präsentationsformen für die Brands spielen und mit Menschen arbeiten, die aus der Szene kommen. Die Glaubwürdigkeit entsteht hierbei durch die Akteure selbst. 

Wie reagieren die Marken auf diese Veränderung?
Maren Wiebus: Die sind sehr positiv und freuen sich, dass was passiert. Das Bright-Team ist jetzt viel mehr in die Prozesse involviert und der Austausch mit den Marken lebendig. Es wird das übliche Messeformat als Basis weiterhin geben. Dieses wird durch die neue Community-Fläche ergänzt, wo Aktion stattfindet und sich jeder präsentieren kann. Die Marken haben somit den Vorteil, sich bei uns sowohl auf B2B- als auch B2C-Ebene ausleben zu können.

Community ist auch auf der Seek ein wichtiges Thema. Letzte Saison wurden die Trade Unions gebildet, wo sich Marken zusammenschließen, um ihre Einkäufer gemeinsam zu betreuen. Warum ist das ein typisches Seek-Thema?
Maren Wiebus: Seek ist aus dem Gefühl entstanden, dass Brands nicht nur Wettbewerber, sondern Partner sind. Es gibt in unserer Branche viele Brands, deren Köpfe sich persönlich nah sind und denen bewusst ist, dass man im Austausch auch wirtschaftlich voneinander profitieren kann. Die Seek Community zeichnet schon immer einen besonders freundschaftlichen Umgang miteinander aus – das spiegelt jetzt ganz konkret die Trade Union wider, in der Marken voneinander profitieren und geeint sind in ihrem Anspruch, ihren Kunden einen entspannten Rahmen zum effizienten und konzentrierten Arbeiten zu bieten. Unser Anspruch ist, den unterschiedlichen Bedürfnissen unserer Partner gerecht zu werden, dabei können wir Bühne oder Kokon sein. 

Diese Transparenz, sich die Einkäufer zu teilen und sich in die Bücher schauen zu lassen, muss man bei aller Freundschaft dennoch erst einmal zulassen.
Maren Wiebus: Da tut sich bei den Brands ohnehin sehr viel. Zeiten ändern sich – und damit auch die Chancen. Die Köpfe hinter den Marken sind offen für neue Konzepte. Sie bringen eine große Begeisterung für das mit, was sie tun ohne sich selbst zu wichtig zu nehmen. Sie kultivieren eine klare Begeisterung für das Produkt. Und die Hierarchien sind zunehmend flacher, sodass alle mehr nach links und rechts schauen. 

Kommen wir zur Show&Order. Hat sich die Verlegung ins Kühlhaus bewährt?
Niki Lampadius: Die Show&Order in die Station umzuziehen war eine gute Entscheidung. Die Besucher haben es jetzt viel leichter, da die Wege kürzer sind. Das bereits bestehende Konzept für das Kühlhaus, Produkte wie im Department Store auszustellen, passt perfekt zur Show&Order. Die Aussteller sehen mehrere Vorteile darin, im Kühlhaus auszustellen: Zum einen ist die Fläche nicht so groß wie die der Premium, zum anderen überzeugt die Vielfalt der Produkte, von sehr trendorientierten Kollektionen über besondere Accessoires, bis hin zu coolen Gadgets. Die Architektur des Kühlhauses schafft eine charmante Atmosphäre, in der sich die Besucher gern aufhalten. 

Diversifizierung als Zukunftsthema. Wo geht es mit dem Sortiment im Handel und auf ihrer Fläche hin?
Niki Lampadius: Wir stehen gerade vor der wichtigen Frage, ob wir die verschiedenen Produkte noch stärker mit den klassischen Ausstellern durchmischen und "Experience" zum Überthema nehmen sollten. Denn die wichtige Frage für den Händler ist ja, wie man auf der Fläche Mehrwerte schaffen kann. Was kann man dafür tun, mehr Kunden in den Laden zu locken und dafür, dass diese dort auch länger verweilen. Dementsprechend bringen wir vermeintlich branchenfremde Marken aus den Bereichen Licht, Musik, Raumdüfte, Mannequins, aber auch Sortimentsergänzungen von Kosmetik bis hin zu Food & Beverage mit der Modeindustrie zusammen. Mit diesem Ansatz gehen wir auf die Bedürfnisse des stationären Handels ein, dessen Protagonisten sich in der heutigen Zeit immer wieder neue Ideen für ihre Kunden einfallen lassen müssen. Wir möchten zeigen, dass es auch mit wenigen Handgriffen möglich ist, den POS neu zu denken. Wir verstehen uns dabei als Creative Connector, also die Instanz, die Menschen, Marken und Branchen zusammenbringt, also alle Beteiligten, die es für einen funktionierenden Department Store braucht.

Wie passen die Modemarken im Kühlhaus in dieses Konzept? 
Niki Lampadius: Mode ist und bleibt unser Kern. Von dem atmosphärischen Department Store-Konzept, also der Öffnung für neue Branchen, profitieren alle – natürlich auch die Fashion Brands. Besucher haben die Möglichkeit eine Selektion von Produkten zu sehen, die man nicht überall findet.

Wie entscheiden Sie denn im Allgemeinen, welche Marke wohin passt? 
Niki Lampadius: Unsere Messen brauchen natürlich eine gewisse Sortierung – besonders in einer Größenordnung in der sich die Premium bewegt. Jede Halle hat ein Gesicht und eine Aussage. Aber das Sortiment darf natürlich auf keinen Fall monoton werden. Es ist für jeden Bereich immer eine – übrigens sehr schöne – Herausforderung, die Brands so zusammenzustellen, dass man einerseits einer Logik folgt, aber andererseits auch einen Spannungsbogen schafft. Wir überlegen uns genau, wo wir welche Brands positionieren, was dazu führt, dass auch mal Aussteller nebeneinander stehen, die erst auf den zweiten Blick Verknüpfungspunkte entwickeln. Diese Arbeit beginnen wir von Saison zu Saison neu. Übergreifend gesehen kommt es daher häufig vor, dass eine Marke innerhalb der Gruppe die Messe wechselt. Das ist unser großer Vorteil: wir können unsere Messen kuratieren und entwickeln uns mit unseren Kunden weiter. 

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