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Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
17.09.2021
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Geht die finanziell angeschlagene SMCP-Gruppe an ihre Gläubiger?

Übersetzt von
Aline Bonnefoy
Veröffentlicht am
17.09.2021

Eine Feuertaufe für die neue Geschäftsführerin von SMCP, Isabelle Guichot! Kaum ist die französische Managerin im Amt, wird der Mutterkonzern von Sandro, Maje, Claudie Pierlot und De Fursac von einem gewaltigen Erdbeben erschüttert. Zwischen den Gläubigern und dem Mehrheitsaktionär des Konzerns laufen intensive Verhandlungen, denn European Topsoho steht mit dem Rücken zur Wand.


Maje


Der knappe Mehrheitsaktionär von SMCP ist eine luxemburgische Filiale des chinesischen Konglomerats Shandong Ruyi. Wie die französische Wirtschaftszeitung Les Echos berichtete, scheint diese unfähig zu sein, ihre Schulden fristgerecht zu tilgen. Es handelt sich um Anleihen in Höhe von EUR 250 Millionen, die im September 2018 ausgegeben wurden und am Dienstag, 21. September fällig sind. SMCP verwies auf Anfrage darauf, dass die Angelegenheit direkt vom Inhaber verwaltet werde.

Der chinesische Mutterkonzern, der von 2015 bis 2018 zahlreiche Übernahmen tätigte (und große Schulden anhäufte), befindet sich seit vielen Monaten in großen finanziellen Schwierigkeiten und verzeichnete bereits mehrere Zahlungsausfälle. Dies wirkte sich auf verschiedene Projekte des Konzerns aus. Ende 2020 scheiterte beispielsweise die Übernahme von Bally vor diesem Hintergrund.

Seither hat der Hongkonger Konzern Trinity, der 2018 von Shandong Ruyi übernommen wurde und Inhaber von Cerruti 1881, Gieves & Hawkes sowie Kent & Curwen ist, ein Konkursschutz-Programm eingeführt und eine Umstrukturierung angestrengt. Les Echos verwies auch darauf, dass die 2010 übernommene japanische Konzerntochter Renown im Jahr 2020 in Konkurs ging.

Angesichts dieser Situation sind die Befürchtungen einer Zahlungsunfähigkeit des chinesischen Konglomerats groß. Bei einem Zahlungsausfall würden die Anteile des Unternehmens an seine Gläubiger übergehen. Zur Erinnerung besitzt Topsoho aktuell 53 Prozent der Aktien, der Free Float (Kotierung an der Euronext seit 2017) beträgt 40 Prozent und die Gründer und Geschäftsführer kontrollieren fast 7 Prozent des Kapitals.

Konkret sieht das ursprüngliche Abkommen zwischen Topsoho und seinen Gläubigern vor, dass letztere Ansprüche für die Übernahme von 37 Prozent des von der luxemburgischen Struktur gehaltenen Kapitals (28 Millionen von insgesamt 75,6 Millionen Aktien) geltend machen können. Doch wenn der Betrag unter den aufgewendeten EUR 250 Millionen liegt, können die Gläubiger auch die verbleibenden 16 Prozent im Besitz von Topsoho übernehmen (37 + 16 = 53 Prozent). Da der Kurs der SMCP-Aktien im Jahr 2021 unter 4 Euro abgesunken ist, brach die Kapitalisierung des Konzerns ein. Trotz einer leichten Erholung betrug die Marktkapitalisierung am 16. September EUR 420 Millionen, mit einem Aktienwert von EUR 5,58 (6 Prozent mehr als am Vortag). Damit entsprechen 53 Prozent des Kapitals rund EUR 223 Millionen.

Betrieb "nicht beeinträchtigt"



Die weitere Entwicklung wirft somit viele Fragen auf. Welches Übereinkommen kann für die fehlenden EUR 27 Millionen gefunden werden? Wie wird der aktuelle Kontext die Vermögenswerte der SMCP-Gruppe beeinflussen? Die Geschäftsführung, die im ersten Halbjahr einen deutlichen Anstieg der Geschäftstätigkeit verzeichnete, betonte, dass die Dynamik des Unternehmens nicht derjenigen des Mutterkonzerns folge und die Ergebnisse und Rentabilität im Wachstum begriffen seien. "Die Gruppe ist im operationellen Bereich keinesfalls durch einen allfähigen Ausfall seines Mehrheitsaktionärs gefährdet", so die Geschäftsleitung auf Anfrage von FashionNetwork.com. Der Konzern habe eine eigene Strategie und eigene Finanzierungsmodelle. SMCP verfüge über eine solide Finanzlage mit einem Handlungsspielraum von über EUR 240 Millionen Ende Juni 2021. Seine Investmentkapazitäten und -ambitionen bleiben unverändert".

Das Augenmerk muss auch auf die Absichten der Gläubiger Anchorage, Carlyle, Boussard & Gavaudan und Blackrock gerichtet werden. Laut Les Echos haben diese das Unternehmen Glas kontaktiert, das auf solche Verhandlungen spezialisiert ist. Wie könnten die Aktien auf die verschiedenen Akteure aufgeteilt werden? Und wollen sich überhaupt alle am Konzern beteiligen? Diesbezüglich erklärt die Geschäftsführung, dass sie keine direkten Beziehungen zu den Gläubigern habe, die Frage betreffe die die Handlungen von Topsoho. Die Angelegenheit habe jedoch keine Auswirkungen auf die Pläne von SMCP: "Weder kurz- noch langfristig wird eine strategische Überarbeitung der im vergangenen Oktober vorgelegten Strategie bis 2025 ins Auge gefasst und auch keine "Auflösung" des Konzerns", so die Geschäftsleitung. "Der strategische Fahrplan ist klar und zu einem Zeitpunkt, in dem die Gruppe Leistungen erreicht, die annähernd mit dem Vorkrisenniveau vergleichbar sind, von hoher Aktualität".

Laut Les Echos, befürchten die Gläubiger dennoch, dass der aktuelle Mehrheitsaktionär über den SMCP-Verwaltungsratspräsidenten Yafu Qiu versuchen könnte, das Unternehmen durch administrative Kniffe weiterhin zu kontrollieren, obwohl er nicht mehr die Mehrheit der Stimmrechte hätte.

Die Gläubiger haben sich zur Verteidigung ihrer Interessen in der operativen Leitung des Konzerns an die Organisation "Gouvernance en Action" gewandt. "Was wir in erster Linie brauchen, ist Transparenz und Loyalität von Seiten von Ruyi", so Fabrice Rémon von Gouvernance en Action. "SMCP leidet unter der Präsenz des chinesischen Mehrheitsaktionärs, der faktisch den Verwaltungsrat kontrolliert. Ziel der Ruyi-Gruppe ist es, zu überleben. Diese Situation verdeutlicht sich angesichts des nicht abbrechen wollenden Kurssturzes. Dadurch wird es SMCP gewissermaßen verwehrt, auftretende strategische Chancen wahrzunehmen".

Mehrere von FashionNetwork.com kontaktierte Beobachter bezeichnen die Angelegenheit als "sehr komplex". In den vergangenen Jahren verzeichnete die Modebranche mehrere Zahlungsausfälle nach Übernahmen von Unternehmen durch Gläubigergruppierungen. Von Vivarte über New Look und IKKS bis Camaïeu entwickelten sich die Situationen unterschiedlich. Wie dem auch sei, der französische SMCP-Konzern könnte sich Kreuzfeuer eines langen juristischen Finanzstreits stecken bleiben. Zu einer Zeit, in der es gilt, Wachstumschancen optimal zu nutzen, dürfte dies den Marken der Gruppe nicht sonderlich zuträglich sein.
 

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